Hunde sind nach wie vor Beutegreifer! Das führt dazu, dass jeder Hund Jagdverhalten hat – die Frage ist nur, ob es sich für den Besitzer unangenehm äußert.
Erfahren Sie in diesem Text mehr dazu, was das Jagdverhalten des Hundes überhaupt ist und wie Sie damit umgehen können!
Wenn man von Jagdverhalten beim Hund spricht, dann ist eine Verhaltenskette gemeint, die beispielhaft aus den folgenden Elementen besteht:
Nicht jeder Hund in Privathand, hat alle Elemente (zum Glück).
Für den Nicht-Jäger wird das Jagdverhalten des Hundes vor allem dann problematisch, wenn er
Das Packen und Töten ist meist nur dann ein größeres Problem, wenn es in Kombination mit dem Hetzen vorkommt.
So weiß manch ein Molosser-Besitzer z.B. gar nicht, dass sein Hund Jagdverhalten genetisch mitbringt, weil diese Hunde häufig aufgrund ihrer körperlichen Konstitution gar nicht zum Packen und Töten von freilebendem und gesunden Wild kommen.
Das Fressen ist übrigens in der Jagdhunde-Welt ein “No Go” – es ist schließlich nicht erwünscht, dass, wenn ich meinen Jagdhund losschicke, damit er den geschossenen Fasan holt, er diesen dann selbst frisst oder mir nur den halben Fasan bringt …
Das bedeutet auch, dass Trainingsansätze wie z.B. gemeinsam mit dem Hund den Futterbeutel zu erjagen, nur sehr bedingt mit der Realität zu tun haben.
Der Begriff Jagdtrieb hält sich zwar irgendwie immer noch, wird aber korrekterweise nicht mehr verwendet, da die ganzen Triebtheorien hinterfragt und teilweise auch widerlegt wurden. Das Jagdverhalten entwickelt sich bis zum Erwachsenwerden des Hundes, also bei mittelgroßen bis großen Hunden meist bis zum 3. Lebensjahr.
Die große Gretchen-Frage zum Thema Jagdverhalten beim Hund ist: wieviel davon ist erlernt und wieviel davon wird von der Genetik beeinflusst. Diese Frage kann niemand beantworten, denn es ist nicht möglich herauszufinden, wie ein Hund sich entwickelt hätte ohne eine bestimmte Erfahrung wie z.B. eine Hasenbegegnung mit Hatz. Auch der Vergleich von Wurfgeschwistern beispielsweise wäre fahrlässig, da nun mal jeder Hund ein Individuum ist!
Es bräuchte aber all diese Hunderassen nicht, wenn man jedem Hund alles beibringen könnte. Auch die Zuchtprüfungen der Jagdhundrassen wären gänzlich überflüssig, wenn der Hund ein leeres Blatt wäre, das einfach nur richtig trainiert werden müsste, damit er seine Aufgaben gut erledigt.
Somit ist schon davon auszugehen, dass die Genetik einen großen Einfluss auf das Jagdverhalten des Hundes hat.
Umso erstaunlicher ist es, dass im Internet doch vieles „herumgeistert“, was angeblich das Jagdverhalten fördert. Hier ein paar Beispiele:
Woher kommt dieses Wissen? Glaubt wirklich jemand, dass ein Quietschespielzeug sich wie ein sterbendes Rehkitz anhört – und woher soll der Hund das eigentlich wissen, bevor nicht ein Kitz reingebissen hat?
Erst recht ein Hund, der genetisch gar nicht das Packen und Töten mitbringt? Fakt ist, das NIEMAND weiß, was Jagdverhalten definitiv beeinflusst.
So scheint z.B. eine Frühförderung des Welpen durch Spurensuche zumindest dessen Effizienz bei der Jagd zu steigern. Auch wird natürlich die Reiz-Reaktions-Kette, also dass der Hund impulsiv auf schnelle Bewegungsreize reagiert, dadurch gefördert, wenn ich mich täglich eine halbe Stunde auf eine Wiese stelle und die Ballschleuder betätige.
Umgekehrt gibt es aber auch genug Hunde, die sich dadurch nur noch für ihren Ball interessieren und das Wild links liegen lassen – das Jagdverhalten wurde also kanalisiert.
Das ist eine Frage, die mir als Antijagdtraining-Expertin häufig gestellt wird. Im Prinzip wurde sie oben schon beantwortet: Hunde, die aktiv nach Wild und dessen Fährten suchen und Hunde, die hetzen, machen ihren Besitzern am meisten Kummer.
Somit ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ich beim Kauf eines Jagdhundes auch mit dessen typischem Jagdverhalten konfrontiert werde – egal ob ich nach der Methode “xy” trainiere und mir ganz viel Mühe gebe, die Entstehung des Jagdverhaltens zu verhindern.
Man unterscheidet zwischen Jagdhundrassen, die VOR dem Schuss arbeiten, also quasi dafür genutzt werden, Wild zu suchen und aufzuscheuchen. Dazu zählen z.B. die Bracken und Laufhunde wie Beagle, die Dackel, manche auf Jagd selektierte Terrier wie z.B. der Deutsche Jagdterrier, aber auch manch eine Jack Russel Terrier Linie, Vorstehhunde, Windhunde, teilweise die Spaniel und viele mehr.
Hier ist noch zu unterscheiden, ob sie nah beim Jäger arbeiten wie die Spaniel, was den Hund wiederum für den Nicht-Jäger besser händelbar macht oder eher selbstständig arbeiten.
Die anderen sind die, die nach dem Schuss arbeiten. Das sind vor allem die Retriever, manche Spaniel und mit Einschränkung deutsche Vorstehhunde.
Diese lassen sich oft auch gut durch den Hundehalter mit Dummytraining und Nasenarbeit ersatz-befriedigen.
Viele Hundehalter wissen nicht, dass Hüteverhalten letztendlich Jagdverhalten ist. Das Hüten entspricht dem Hetzen – und je nach Einsatz des Hütehundes gibt es auch leichte Tendenzen zum Packen, um z.B. Rinder in Bewegung zu versetzen. Somit sind die Hütehunde auch weit verbreitete Gäste auf meinen Antijagd-Seminaren. Lina Engelken hat zu dem Thema “Hütehunde jagen nicht!?” übrigens einen interessanten Artikel geschrieben!
Aber auch der eine oder andere Gebrauchshund wie z.B. der Hovawart, lässt sich blicken. Denn immerhin ist das züchterisch geförderte Interesse für Spielbeute nichts anderes als Jagdverhalten.
Auch die Herdenschutzhunde, die je nach Einsatz sich in ihren Ursprungsländern tagelang selbst ernähren müssen, sind dem Jagen nicht abgeneigt.
Nein! Es geht bei so einem Training immer darum, das Jagdverhalten zu kontrollieren, also den Hund so gut zu trainieren, dass er sich stoppen oder abrufen lässt.
Strafen wirken nur dann, wenn der Hund so eingeschüchtert wird und sich bedroht fühlt, dass das den Jagdinstinkt übertönt. Das sind dann meist Starkzwangmittel, wie Stromreizgeräte – die in Deutschland definitiv verboten sind! Ansonsten lernt der Hund oft nur, so lange nicht zu jagen, solange sein Besitzer Einfluss auf ihn hat, also z.B. in Wurfweite von Disk-Scheiben, Wurfketten und Co..
Der Einsatz von Sprühhalsbändern ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Für einen geräuschempfindlichen Hund kann der Einsatz ggf. traumatisierender sein als ein Stromhalsband. Andere Hunde wiederum beeindruckt das Gesprühe nur einmalig und dann haben sie einen doppelten Belohnungseffekt: sie sind um eine Strafe drumherum gekommen und haben Spaß am Jagen.
Hinzu kommt noch, dass sich jeder ethisch Gedanken darum machen muss, ob es ok ist, einen Hund, der das Jagen genetisch mitbringt, dafür zu bestrafen – nur weil man selbst als Besitzer dem Hund nicht das bieten kann, wofür er ursprünglich gezüchtet wurde. Pia Grönings Gedanken zu dem Thema, findest du in dieser Podcastfolge.
Es ist also auch aus dieser Sicht sinnvoll, eher zu versuchen, das jagdliche Interesse des Hundes zu kanalisieren, also umzulenken auf adäquate Ersatzbeschäftigung aus dem Bereich Nasenarbeit und Apportieren und Bewegung – wie z.B. das Longiertraining für Hunde.
Außerdem steht natürlich die gute Erziehung des Vierbeiners bzw. das Training im Vordergrund – und die funktioniert über das Training mit Belohnungen sehr zuverlässig!
• Beschäftigung (rassengerecht, physisch als auch geistig im richtigen Maß) = der Hund ist im Anschluss an die Beschäftigung entspannt und ihm fallen die anderen Schwerpunkte leichter umzusetzen – Ideen z.B. in meiner DVD Nasenarbeit für Hunde der im Buch Spiele & Action für Jagdhunde
• Belohnungspotential ausschöpfen = der Hund wird nicht nur mit Futter oder Spielzeug belohnt, sondern auch mit möglichst vielem, was die Umwelt zu bieten hat
• Orientierung am Menschen (Aufmerksamkeitstraining) = ca. alle 50 Schritte Blickkontakt zum Menschen aufnehmen ohne Aufforderung
• stabiles Erregungsniveau (Entspannung und Impulskontrolle) = der Rasse entsprechend sich entspannt durch die Natur zu bewegen und nur bei sehr starken Reizen (z.B. direkt vor dem Hund kreuzendes Reh) sich kurzfristig laut aufregen und nach wenigen Minuten wieder abgeregt haben
• Spaziergänge mit der langen Leine/Schleppleine und Radius-Training = um das Ziel zu erreichen, das der Hund sich in annehmbarer Distanz zum Menschen und auf dem Weg aufhält, die Leine wird nur benötigt, um bei Wildkontakt den Hund an der Selbstbelohnung zu hindern, ansonsten hängt sie locker durch oder schleift in Trittnähe. Zum Thema Schleppleine finden Sie ein Beratungsvideo und auch ein Video, wie diese Leinen aufgewickelt werden
• Wild anzeigen = beim Orten von Wild durch Geräusch, Geruch oder Optik ruhiges Stehen bleiben mit Körperspannung und Fixierung in die entsprechende Richtung; ggf. auch danach freiwilliger Blickkontakt zum Menschen
• Gehorsam: der Hund lässt sich zu ca. 95 % durch Sitz/Platz/Steh stoppen bzw. zum Menschen hin zuverlässig abrufen, wenn er Wild wahrnimmt
• Häufig wird der Begriff Reizangel benutzt, wenn eigentlich die Hetzangel gemeint ist. An der Hetzangel wird der Hund bewusst in jagdliche Erregung gebracht, um dann den Gehorsam in Form von Stoppen oder Rückruf üben zu können. Mit der Reizangel übt man hingegen mit jungen Vorstehhunden das Anzeigen von Wild.
Was für Übungen dazu gehören und wie diese aufgebaut werden, finden Sie im entsprechenden Buch: Antijagdtraining, wie man Hunde vom Jagen abhält.
Außerdem können Sie sich natürlich gerne live von mir trainieren lassen in Form eines Individualtrainings, von Wochenendseminaren und Seminarwochen und hier bei uns vor Ort auch in wöchentlichen Antijagdkursen.
Häufig gestellte Fragen und Antworten zum Antijagdtraining finden Sie hier.
Montag 11:00 – 18:00 Uhr
Dienstag 11:00 – 18:00 Uhr
Donnerstag 11:00 – 18:00 Uhr
Freitag 11:00 – 16:00 Uhr
Pfotenakademie Ruhrgebiet
Pia Gröning
Wallstr. 107
45770 Marl
* Alle Preise inkl. gültiger USt.
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2 Antworten
Liebe Pia, letztes Jahr im Mai habe ich mit meiner Schäferhund-Mixhündin die Antijagdtrainings-Woche bei dir mitgemacht. Wir haben viel mitgenommen und gelernt 🙂 Die Kontrolle am Wild versuche ich momentan in einem sehr wildreichen Gebiet auszubauen und zu festigen. Um ggf noch ein paar Tipps oder auch nur die Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind, zu erhalten, möchte ich wissen, ob es möglich ist, dass ich dir ein paar Trainingssequenzen per Video schicke und wir uns hierzu telefonisch/per Videocall austauschen. Was würde so eine Einzelstunde per Video-Material kosten? Gerne kannst du die Videosequenzen auch für deine künftigen Antijagdtrainings nutzen 😉 Ich freue mich sehr auf dein Feedback. Liebe Grüße aus Hannover, Sonja.
Hallo Sonja,
sehr gerne, schau mal hier:https://pia-groening.de/produkt/onlineberatung-fuer-absolventen/
Herzliche Grüße,
Pia Gröning